BILD ODER VERSTÄNDNIS?
Anlässlich der Podiumsdiskussion „Who Speaks for Whom? Image of Africa in the Austrian Diaspora“ die am 28.05.2019 im Wiener Künstlerhaus stattfand
Die bewundernswerte Hartnäckigkeit von Meinungsbildnern
Die Hartnäckigkeit mit welcher die afrikanische Diaspora sich (zumindest in Österreich) mit dem Bild von ihrem Kontinent beschäftigt ist im wahren Sinne des Wortes bewundernswert. Seit zwanzig Jahren, wenn nicht noch mehr, beherrscht dieses Thema jeden Diskurs darüber in ihrem Rahmen veranstaltet wurde. Mit Verbissenheit versuchen ihre (selbsternannte?) Vertreter das angeblich negative Bild Afrikas in der österreichischen Öffentlichkeit zu korrigieren und ihr beizubringen, dass man, um die Probleme des Kontinents verstehen zu können, sie unbedingt durch afrikanische Brille betrachten muss. Doch diese Versuche sind offensichtlich erfolgslos geblieben. Warum?
Die Antwort scheint noch immer nicht gefunden zu sein. Vielleicht ist das auch deshalb, weil die Meinungsbilder aus der afrikanischen Diaspora es lieber haben, nicht zu eifrig nach ihr zu suchen. Statt die Ursachen gründlich zu erforschen, kritisch zu analysieren und ihre Vielfalt wissenschaftlich zu interpretieren, beschäftigen sie sich lieber mit einem vereinfachten aber emotionell äußerst beladenen aber politisch immer wirksamen Thema, der Anprangerung von hauptsächlich rassistischen Vorurteilen, die das Bild Afrikas in Österreich belasten. Sogar den Mainstream-Medien wird vorgeworfen, dass die Reduzierung ihrer Berichterstattung auf die famosen „KKKK-Bereichen“ (Krisen-Kriege-Katastrophen-Krankheiten) darin wurzelt. Tatsächlich kann man die Einseitigkeit und die ausgesprochene Oberflächigkeit bei der Beschäftigung mit den Problemen Afrikas nicht leugnen. Andererseits aber, die Krisen, Kriegen und die Katastrophen prägen noch immer die Entwicklungen in Afrika. Es handelt sich um eine sozialen und menschlicher Tragödie, mit welcher sich die Weltöffentlichkeit auseinandersetzen muss, um auf den Verantwortlichen Druck auszuüben, ihr so bald wie möglich ein Ende zu machen. Zwar wird deshalb das Bild Afrikas beeinträchtigt werden, aber dadurch wird das Gewissen der Menschheit zumindest gerüttelt. Hingegen, dieses Problem unterm Teppich zu kehren und mit „positiven“ Berichterstattungen zuzuschütten würde das Übel nicht heilen. Stattdessen wird man damit nur zur Festigung eines unmenschlichen wirtschaftlichen bzw. politischen Systems beitragen. Dies erfolgt auf ähnlicher Weise wie in der Zeit als linke Intellektuelle aller Länder engagiert wurden, um das Ansehen der stalinistischen Schreckensherrschaft zu festigen: mit der Verbreitung von „positiven“ Bildern und Schweigen über das Vorhandensein von Hungersnot (Holodomor), Konzentrationslager oder die Deportation von ganzen Völkerschaften (Tschetschenen, Krimtataren). Die afrikanische Diaspora in Österreich wäre daher gut beraten, darüber nachzudenken, um nicht in die Versuchung zu verfallen, ernste Probleme ihres Kontinents mit Banalitäten wie irgendwelche dubiöse individuelle „Erfolgsgeschichten“ oder Lifestyle Berichten zu ersetzen. Das Bild Afrikas, welches dadurch entstehen wird, wird das Gegenteil des Gewünschten sein. Es wird, wie in der Kolonialzeit, das Klischee von tanzenden Wilden, die nicht fähig sind, sich mit den Problemen ihres Kontinents auseinanderzusetzen aufpolieren. Wer aber fördert solche Klischees wenn nicht die neoliberalen neokolonialistischen Eliten und die pseudolinken politischen Kräfte in ihrem Tross…
Die Förderer aus dem Hintergrund
Man muss aber an noch etwas denken und zwar ob die Berichterstattungen über die Not und Leid der Mehrheit der afrikanischen Bevölkerung rassistisch motiviert sind. Tatsächlich wird Afrika in meisten Fällen als ein Trümmerhaufen dargestellt. Gleichzeitig werden seine Einwohner hauptsächlich als jämmerliche Gestalten erscheinen, die wegen der KKK Lage in ihren Ländern, auf die Hilfe von Nichtregierung –bzw. karitativen Organisationen angewiesen sind. Die häufigen und ständig widerholten Berichterstattungen lassen sich sogar auch als eine rassistisch motivierte Abwertung von Afrikanerinnen und Afrikanern, vor allem jener schwarzer Hautfarbe, interpretieren. Bei einer näheren Betrachtung wird man aber feststellen müssen, dass in einem solchen Vorgehen die ideologischen (rassistische) Faktoren kaum eine Rolle spielen. Die Helfer vor Ort sind meistens junge Leute, die sich ähnlich wie christliche Missionare für die notleidende Afrikanern aus reinem Idealismus und meistens ehrenamtlich engagieren. Mit den Sponsoren von großen internationalen NGOs und Stiftungen ist es anders. Was bei ihnen im Vordergrund steht ist eher ein emotionsloses Kalkül. Es ist mit dem Herrschen und der Bereicherung, sowie mit der Geldwäsche, dem Landraub und dem Zugang zu den Bodenschätzen verbunden. Da sich solche Absichten lassen mit moralischen Argumenten nicht rechtfertigen lassen, werden sie, ähnlich wie in der Kolonialzeit, mit Wohltätigkeitsinitiativen aller Art vertuscht. Auf diese Weise werden diese, hauptsächlich weiße Männer und Frauen wieder einmal in jene Rolle schlüpfen, die sie als rassisch überlegene erscheinen ließ. Dadurch entstehen, ohne es zu wollen, wieder solche Umstände die an jenen der Kolonialzeit erinnern. Die Mainstream-Medien meiden aber, die Hintergründe der Hilfeleistung an Afrika unter die Lupe zu nehmen. Selbstverständlich können sie sich nicht leisten, ihre manchmal superreichen Sponsoren, die auch entsprechende Interessen in Afrika haben können, schon gar nicht das System das sie verkörpern zuherausfordern. Man beißt doch nicht die Hand die füttert. Die Diaspora handelt meistens ähnlich. Statt sich mit der Komplexität von inneren und äußeren Ursachen des Elends in Afrika zu beschäftigen um sie effizient zu bekämpfen, beschränkt sie sich darauf, das Bild, das dabei entstehen könnte mit Unterstützung von pseudolinken Kräften zu verdrängen!
Zweifelsohne mangelt es den Vereinen der afrikanischen Diaspora an moralisch integren fachlich gebildeten Experten, die imstande wären, sich mit den verschiedenen Problemen Afrikas objektiv und unparteilich auseinanderzusetzen könnten. Hingegen an solchen, die politische Ambitionen haben und deshalb lautstark mit demagogischen Argumenten auftreten gibt es offensichtlich im Überfluss. Mit größtem Eifer bekämpfen diese das „negative“ Bild Afrikas und wollen ihn durch sog. „positive“ Darstellungen ersetzen. Doch das Bild Afrikas, das auf diese Weise entstehen wird, wird ebenso wenig zur Verständnis der Probleme Afrikas beitragen und zwar deshalb, weil es nicht der Wahrheit, sondern lediglich einer bestimmten Vorstellung der Wahrheit entspricht, die eine gewisse politisch engagierte Aktivistengruppe – aus welchem Grund schon immer – der Öffentlichkeit aufzwingen will.
Im Zeichen der Kollaboration
Leider, mit „Bildern“ von bestimmten Gemeinschaften, Ländern oder sogar Kontinenten führt man nicht eine informative, sondern eine ausgesprochene propagandistische Tätigkeit. Sie dient nicht zu Erweiterung von Kenntnissen über bestimmten Ländern und seinen Menschen, sondern es handelt sich um eine auffallende Gehirnwäsche. Falls die einseitige Berichterstattung noch gesetzlich untermauert wird, falls irgendwelche Autoritäten vorschreiben was man schreiben darf und was nicht oder wie man bestimmte Probleme interpretieren kann, dann ist der Weg zur Abschaffung der Gedankenfreiheit gebannt. Mit ihm auch jener, der zur strafrechtlichen Verfolgung von Andersdenkenden, Hinterfragenden oder Kritikern führt. Damit wird nicht nur das elementare Menschenrecht, das auf Rede und Gedankenfreiheit beruht beraubt, sondern wird auch die Hauptsäule der Demokratie zerstört. Übrig wird nur noch die intellektuelle Gleichschaltung bleiben und dadurch der Sieg eines Totalitarismus neuen (orwellschen) Art gesichert. Doch die Anführer afrikanischer Vereine in der Diaspora scheinen davon nicht bewusst zu sein. Einige von ihnen zögern nicht, ihre Kritiker mit Beschimpfungen oder durch Androhungen mit Strafprozessen wegen „üble Nachrede“ zu begegnen. Ihnen ist offensichtlich nicht klar, wie kontraproduktiv ihr Vorgehen sein kann. Allem Anschein nach können sie, wollen sie, ja sogar dürfen sie nicht wahrnehmen, dass die Öffentlichkeit eine innere Abneigung gegenüber jedem Zwang hat, ein bestimmtes ideologisches Konzept anzunehmen. Wegen dieser sturen Haltung können die vorhandenen Klüfte noch immer nicht überbrückt werden. Man erlebt deshalb die Diaspora nicht als Bestandteil der Gesellschaft, sondern als ein Fremdkörper, dessen Elite an eine Art ideologischer Indoktrinierung der öffentlichen Meinung aktiv teilnimmt. Einige ihre Anhänger aus der afrikanischen Diaspora empfehlen sogar, die Probleme Afrikas nicht durch eine objektive, kritische und wissenschaftlich fundierte Analysetätigkeit zu verstehen, sondern durch „afrikanische Brille“ zu betrachten. Man soll also nur das sehen, was solche „Brille“ ermöglichen zu sehen und das sind Darstellungen, die den Interessen einer bestimmten politischen Gruppe entsprechen. Dabei wenden sie sich nicht dem Ratio, sondern denEmotionen an. Statt die Komplexität von Problemen zu verstehen, um sie im Griff nehmen zu können, manipuliert man mit Begriffen „Gut“ und „Böse“. Nun, wo solche manichäistische Darstellungen gefördert werden, dort hat man nicht mit dem Verständnis zu tun, sondern mit der Propaganda.
Man vergisst, leider, immer wieder, dass Schwarz-weiße Interpretationen fördern nicht die Annäherung, sondern spalten. Sie erleichtern nicht die Kommunikation, sondern tragen zur Isolierung innerhalb der eigenen Gemeinschaften bei. Auf diese Weise wird auch der freie individuelle Geist verdrängt. Nun, wo der Kollektivismus herrscht, dort entsteht auch die Teilung auf „wir“ (die Insider, die Guten), und auf „sie“ (die Außenseiter, die Bösen). Um das Gefühl der Zugehörigkeit zum eigenen Kollektiv zu stärken, wird man versuchen, sie mit historischen und politischen Mythen zu zementieren. Das ist aber umso problematischer, weil die Gefahr besteht, die Vergangenheit mit der Gegenwart zu verwechseln. Infolge dessen werden sogar ganze Völker als schuldig für Verbrechen die ihre Vorfahren vor hundert und mehr Jahren verübt haben betrachtet. Wenn dies noch aufgrund der Herkunft, Zivilisation, Religion und Hautfarbe gemacht wird, dann werden die Klüfte nicht zugeschüttet, sondern ständig vertieft. Bestimmt muss man aus der Vergangenheit lernen. Dennoch darf man sich aber mit ihr keinesfalls identifizieren. Wenn es dazu kommt, dann können leicht neue Missverständnisse und neue Feindschaften entstehen. Daran werden jene Kräfte die im Namen einer „offenen Gesellschaft“ ihre Zersplitterung in unzähligen kleinen in sich verschlossenen Gemeinschaften fördern, bestimmt ihre Freude finden.
Leider übersieht man zu leicht, dass es sich dabei um nichts anderes um die klassische Politik des Teilens und Herrschen handelt. Die Betreiber dieses Konzeptes verstecken aber ihr Spiel sehr geschickt. Sie zögern nicht davon ab, die Integration lautstark zu befürworten. Dabei unterstützen sie wohlwollend jeden Verein oder Einzelperson, die sich dafür unmittelbar engagiert. Aber wie? Durch Förderung der intellektuellen Tätigkeit oder Vermittlung von geistigen Leistungen, die die Entwicklung einer bestimmten Gemeinschaft, Völker, Kulturen, Staaten, ja sogar Kontinenten wie, z.B. Afrika, prägen? Bestimmt, vorausgesetzt, dass sie politisch korrekt, d.h. tendenziös dargestellt sind. Bevorzugt werden dabei eher seitliche, dilettantische Veranstaltungen mit viel Musik, Tanz, Sketches, bunten Trachten, „Lifestyle“, Modeschau und gutem Essen aus den Herkunftsländern. Das Bild, das dabei entstehen wird, ist zwar „positiv“ aber einseitig und die Art wie dies präsentiert wird ist nicht sehr unterschiedlich von jenem das man noch in der Kolonialzeit von ihnen angeboten hat. Zwar werden die Afrikanerinnen und Afrikaner aus der Diaspora nicht wie früher in einem Tiergarten, sondern im Rahmen von ihnen gewidmeten „Events“ irgendwelche Stadtfestivals zur Schau gestellt. Merkwürdigerweise, die sonst äußerst empfindlichen Vertreter der afrikanischen Diaspora, die auf jede echte oder vermeintliche rassistische Entgleisung in der Öffentlichkeit sofort und mit äußerster Schärfe reagieren, haben bisher nie einen Einwand dagegen gehabt.
Es kann aber auch etwas Ernsteres passieren. Weil man immer wieder solche vereinfachte schwarz-weiße Bilder von Afrika vorspielt, die sie als Opfer der weißen europäischen Sklavenhändler und Kolonialherrscher darstellt, und wenn noch dieses „Bild“ mit ständigen pauschalen Beschuldigungen aller (weißen) Europäer dieser Generation wegen den Verbrechern von vorherigen und dem Verlangen, sie zu sühnen begleitet, dann könnte dies sogar zu revoltierte Reaktionen führen. Mit gutem Grund, übrigens, denn man kann (und darf) nicht das vernunftwidrige Sippenhaftungsprinzip totalitärer Systemen schlimmster Art von Generation zu Generation übertragen. Das ist aus zwei Gründen gefährlich: weil man dadurch den Hass zwischen den menschlichen Gruppen aufgrund vorwiegend der Hautfarbe weiter schürt, was dem Rassismus neue Nahrung gibt und weil es, historisch gesehen, ungerecht ist. Allerdings, diejenige, die mit der Geschichte der Menschheit vertraut sind, wissen, dass im Sklavenhandel nicht alle europäische Staaten verwickelt worden waren. Nämlich viele Völker vor allem Ost-Mittel- und Südosteuropas waren selber von stärkeren Mächten versklavt bzw. kolonisiert und können deshalb nicht wegen der Teilnahme an transatlantische Sklavenhandel oder koloniale Eroberung beschuldigt werden.
Es wäre dennoch falsch zu behaupten, dass Rassismus ausgerottet ist. Leider er ist noch immer vorhanden und vor allem Mitglieder der afrikanischen Diaspora schwarzer Hautfarbe sind ihm ausgesetzt. Man muss aber trotzdem im Klaren sein, dass dieser Art des Rassismus in Europa nicht von der Mehrheit der einhe